Mittwoch, 5. Dezember 2012

Aus dem Tagebuch eines Spieleautoren - Teil 3: Bohnyang

Meiner Leidenschaft für das Kartenspiel Bohnanza (Amigo, 1997) entsprang eine Variante, bei der man Kunden mit geernteten Bohnen beliefern muss. Das Spiel Vor den Toren von Loyang (H@ll GAmes 2009) ist ein Erntespiel, in dem man mit den geernteten Gütern Kunden bedient und so Geld verdient. Das Prinzip passte super auch zu Bohnanza.

Ich kenne lange nicht alle Varianten von Bohnanza, die Uwe Rosenberg erfunden und teilweise über Lookout Games veröffentlicht hat. Zumindest damals nicht. Im Nachhinein las ich sein kleines Bohnanza-Buch* (Bohnanza - Das Fanbuch, Amigo 2007) und weiß nun etwas besser Bescheid. Daher weiß ich, dass mein "Mix-Feld" in einer seiner Varianten auch auftauchte. Zumindest bin ich von allein auf eine Idee gekommen, auch, wenn sie jemand vor mir schon veröffentlicht hat. Ich wußte davon nicht.

Tester für mein Bohnyang zu finden habe ich exakt einmal geschafft. In Vielspielerkreisen ist Bohnanza scheinbar lange nicht mehr das Spiel der Wahl. Meine Variante gefiel durchaus. Und da Bohnanza funktioniert war es nicht verwunderlich, dass meine kleine Variante auch funktionierte. Mir wurde damals bewußt, wie sensibel Bohnanza auf die unterschiedlichen Bohnensorten reagiert, denn die Gartenbohnen hätten aus meiner Variante raus gemusst, denn sie bremsten das Spiel gnadenlos aus. Bohnanza zu balancen ist sicherlich schwer und es verwundert mich lange nicht mehr, dass ein Statisiker ein solches Spiel erfunden hat, bei dem die Wahrscheinlichkeiten eine so große Rolle spielen.

Bohnyang war ein Spiel auf dem Weg mehr über das Spieleerfinden zu lernen.




*Das Buch über Bohnanza möchte ich jedem empfehlen, der sich dafür interessiert, wie Spiele entstehen. Ebenso jenen Spielern, die Bohnanza gerne zu zweit oder solitär spielen wollen, denn das Buch bietet haufenweise Varianten an. Uwe ist aus meiner Sicht auf diesem Gebiet Vorreiter, wie auch seine Werkstattberichte zu Agricola (Lookout Games, 2007) und Le Havre (Lookout Games, 2008) auf der empfehlenswerten Webseite cliquenabend.de zeigen.

Dienstag, 4. Dezember 2012

Aus dem Tagebuch eines Spieleautoren - Teil 2: First Flush

Seit Jahren - Jahrzehnten - hege ich eine intensive Leidenschaft für Tee. Richtigen Tee. Den Tee, den man aus der Teeplanze gewinnt. Ich weiß: Das Wort "Tee" hat sich auch für "aromatische Heißwasseraufgüsse" aller Art und Geschmacksrichtung eingebürgert. Aber Tee bleibt für mich Tee.

Einige meiner liebsten Spiele sind Erntespiele. Antiquity (Splotter Spellen, 2004), Vor den Toren von Loyang (H@ll Games, 2009), Agricola (Lookout Games - jetzt Lookout Spiele, 2007), Puerto Rico (Ravensburger (Alea), 2002). Ich wollte ein Erntespiel um Tee machen.

Das Schwierige dabei ist, das Tee nunmal Tee ist. Es ist die immer gleiche Pflanze (mit unterschiedlichen Arten, aber ich weiß nicht, ob das Sinn hat dies in einem Spiel zu unterscheiden). Es gibt also nur eine Sache zu Ernten: Tee. Die einzige Möglichkeit hier unterschiedliche Kriterien unter zu bringen wären Menge und Qualität. Das mit der Qualität hat VINHOS (What's your game, 2010) bezogen auf Wein ganz gut vorgemacht. Dort hat der Wein eine Ziffer. Je höher die Ziffer, desto höher die Qualität des Weins. In VINHOS empfinde ich die Sache zwar interessant, aber auch sehr mathematisch. Man erntet keinen Wein, sondern eine Zahl. Ok, in anderen Spielen erntet man Holzspielsteine oder Pappmarken. Aber für mich besteht ein gefühlter Unterschied. Menge ist ein zweischneidiges Schwert. Wie schwer Mengen im Griff zu halten sind zeigt z.B. Opera (The Game Master, 2009). Dort ist Geld im Verlauf des Spiels erst furchtbar knapp und am Ende so viel vorhanden, dass das Spiel ins Lächerliche driftet. Und ich mache mir nicht die Illusion ein guter Spieleautor zu sein. Verliert man die Konrolle über Mengen, gibt es zusätzlich Spielmaterialprobleme. Diesem Problem will ich mich nicht stellen, weil ich auch darin keinen Spielreiz vermute.

Trotzdem gab es einen ersten Entwurf für "First Flush". First Flusch ist die Frühjahrsernte im Tee und ein super Name für ein Spiel. Gemäß meiner derzeitigen Art Spiele zu benennen müsste es eigentlich Tee-Bauer heißen. Aber mit dem Namen gibt es schon ein anderes, kleineres Spiel.

Ich hatte mir einen Aktionsmechanismus ausgedacht, der zusammen mit einem Arbeitermanagement funktioniert. Die Aktionen waren eine Kombination aus Puerto Rico (einer bestimmt die Aktion, die alle Spieler durchführen) und Rise of Empires (Phalanx Games, 2009). Bei Rise of Empires setzt man in einer Runde Aktionsmarker auf bestimmte Aktionen. In der folgenden Runde muss man genau diese Aktionsmarker wieder wegnehmen und exakt die gleichen Aktionen machen. Man legt sich also gleich für 2 Runden fest. Dort ist das Ganze gepaart mit einer Reihenfolgeproblematik.

In meinem Aktionsmechanismus setzte man Marker auf die sechs Aktionen, die kreisförmig angeordnet waren. Zwischen den Runden durfte man die Marker auf Nachbarfelder verschieben um weniger abhängig von den zuvor gewählten Aktionen zu sein. In der Folgerunde nahm man die Arbeiter zurück um Aktionen auszulösen. Diese Arbeiter brauchte man auch um sie zur Arbeit auf dem eigenen Tableau zu schicken. Dort sollten sie Ernten, Tee transportieren, Tee verarbeiten (um schwarzen Tee, grünen Tee, Oolong, etc. zu machen), Tee verladen, etc.

Durch das "Hin und wieder weg" auf den Aktionsfeldern ergab sich eine Unwucht auf dem eigenen Plantagentableau. In der einen Runde konnte man viel machen, in der anderen nicht, da man die Arbeiter auf den Aktionsfeldern brauchte. Auch waren die Überlegungen, welche Aktion man wählt und welche Optionen man durch das Verschieben auf Nachbaraktionen für die nächste Runde man gerne offen haben möchte zwar reizvoll, aber es entwickelte sich ein sehr langes, zähes Spiel.

Erstaunlich finde ich noch heute, dass es Tester von damals gibt, die mich auf das Spiel ansprechen und fragen, ob ich noch weiter dran arbeite. Die Antwort ist zwar, dass ich das Spiel noch nicht verworfen habe, aber es komplett neu gestalten möchte. Und dafür fehlt mir im Moment die Zeit und auch die guten Ideen. Erstaunlich auch, wie knallhart diese lieben Menschen sind, die meine unreife Spielidee damals spielten, denn sie testen noch heute meine Spiele...

Dieses Jahr gab es für mich nach der Messe in Essen ein Aha-Erlebnis. Und zwar mit dem Spiel Keyflower (R&D Games, 2012). Dort muss man Waren über die eigenen Dorffelder zu den passenden Orten transportieren. Bei First Flush musste man den Tee von den Feldern in die Weiterverarbeitung und von dort zum Hafen transportieren. Meine Idee hat einfach nicht so richtig funktioniert. Das Logistikspielchen im Spiel war lahm und träge. Keyflower hat ein ähnliches System und es funktioniert wunderbar und einwandfrei. Genau so was hätte ich damals für First Flush gewollt. Falls ich mich nochmal an First Flush ransetze, werde ich das System aus Keyflower adaptieren und versuchen meine eigene Version davon zu kreieren.


 P.S. Ich hab irgendwo noch Fotos zu Hause aufm Rechner von den damaligen Testspielen. Die werde ich nachreichen.
P.S.S. Es könnte der Eindruck entstehen, ich würde Opera nicht mögen. Das ist nicht der Fall. Ich halte es sogar für eines der interessanteren Spiele seines Jahrgangs, wenngleich es mir wie eine Puerto Rico-Variante erscheint. Das Geldproblem in dem Spiel ist aber ein Fakt, dem der Autor mit einer kleinen Regeländerung abhilfe schafft. Auf Boardgamegeek veröffentlichte er eine Variante (Opera Allegro), die die Zeitabschnitte II und III je eine Runde kürzt. Ich habe das so bisher einmal gespielt und zumindest die Geldsache ist dadurch sehr stark verbessert. Ob sich Ungleichmäßigkeiten bei den anderen Spielelementen ergeben kann ich aber nach einer Partie nicht überblicken.

Donnerstag, 29. November 2012

Aus dem Tagebuch eines Spieleautoren - Teil 1

So langsam wird es Zeit mal ein wenig über meine Spielideen zu bloggen. Zu guter Letzt will ich damit auch einen Nachweis haben, dass die Ideen von mir sind. Und wenn nicht, warum ich die adaptiert habe und was eigenes draus machen versuche. Seit ich vor ein paar Jahren Uwe Rosenberg und Ralph Bruhn kennengelernt habe, hab ich quasi einen Fuß in der Tür zum großen Spielebuisness. Bis dahin hatte ich ein paar amateurhafte, aber vom Herzen kommende Spielerezis über das Internet verbreitet, mal bei unknowns.de, später dann auf Einladung von pomino auf dem deutsch-polnischen Spieleblog spiellust.de Ralph, seines Zeichens Mastermind von H@ll Games hat mich dann zu H@ll9000 gelotst. Immer, wenn ich nun eine Rezi schreibe, dann für diese nette Spielecommunity. Uwe lernte ich kennen, als ich mal einen seiner Prototypen probieren konnte. Es fing an mit der Erweiterung zu Agricola, und schon damals schielte ich neidisch zum Nachbartisch, auf dem der Proto von "Loyang" lag. Ein paar Wochen später spielte ich erstmals selber Loyang - welches für eine lange Zeit eins meiner liebsten Spiele bleiben sollte. Ebenso wenig später hatte ich meinen eigenen Loyang-Proto von Uwe bekommen - ich sollte die Soloversion testen. Ich machte 8-10 Solospiele in kürzester Zeit. Es war schon wenige Wochen vor Tore(vonLoyang)Schluss für den Druck. Da wenig Erfahrung mit der Soloversion vorlag hatte ich den Auftrag ein paar Karten und ihre Auswirkungen zu testen. Schon in Essen hab ich am Stand von H@ll Games Loyang erklärt. Zumindest für einen Teil der Zeit. Doch richtig losgehen sollte es dann im Jahr darauf mit Luna von Stefan Feld. An dem Spiel war ich wirklich intensiv mit beteiligt und die Luna-Zeit war für mich wichtig um viel zu begreifen und von Ralph zu lernen. Ich hatte zwar schon zuvor eigene Spiele entwickelt, aber richtig funktioniert haben sie nicht. Im Nachhinein muss man meine damaligen Tester wirklich bemitleiden. So schlechte Spiele (mit guten Grundideen - natürlich!) habe ich ihnen in einer Rohfassung vorgelegt und sie haben sich fröhlich durchgekämpft. Seit kurzer Zeit arbeite ich aber so richtig an eigenen Spielen. Und da es mittlerweile einige sind, werd ich sie bald mal genauer vorstellen...