Verlag: Ystari Games
Autor: Cyril Damaegd
2 bis 4 Spieler im Alter
ab 12 Jahren spielen ca. 45-90 Minuten
Den großen Wurf hat Ystari ja bekanntlich mit einem anderen
Spiel gemacht. Auf der Spiel 2005 wurde der Ruhm des Verlags mit Caylus
begründet und machte die französische Spieleschmiede schlagartig bekannt. Ein
Jahr zuvor debütierte Ystari, deren Markenzeichen die Verwendung der beiden
Buchstaben Y und S in allen Spieletiteln ist, mit dem Mehrheitenspiel Ys. Und für
mich war das Spiel damals die Initialzündung sich näher mit kleineren
Spieleverlagen auseinander zu setzen.
Das Thema des Spiels ist die Phantasiestadt Ys. Die Spieler
werden zu Händler-Prinzen, die ihre Mittelsmänner in die klar strukturierten
Stadtviertel schicken. Viertel ist diesmal wörtlich zu nehmen. Auf dem
Spielbrett findet sich eine kuchenartige Stadt, fein gegliedert in vier
Viertel. Jedes Stadtviertel besteht des Weiteren aus einer Palastgegend, einer
Geschäftsgegend und einer Hafengegend. Darüber hinaus findet sich auf dem
Spielbrett ein Markt mit quadratischer Form, welcher in vier Zeilen und vier
Spalten eingeteilt ist. Jede Spalte ist einer Edelsteinsorte zugeteilt und dazu
passend kann man unter dem Markt den aktuellen Wert der einzelnen Edelsteinsorten
ablesen. Dabei geht es im Spiel nicht um absolute Werte, sondern nur des Wertes
in Relation zu den anderen Edelsteinsorten. Eine Sorte ist die wertvollste, die
anderen sind entsprechend weniger Wert. Je nachdem, was die Anzeige hergibt.
Jeder Spieler hat nun elf Mittelsmänner zur Verfügung. Das
sind zylindrische Holzklötze, die am einen Ende einen Aufkleber mit einer Zahl,
und zwar den Werten Null bis vier, haben. Diese Mittelsmänner werden hinter
einem Sichtschirm aufbewahrt. Anfangs wird auf die Zugreihenfolge geboten.
Jeder Spieler stellt verdeckt zwei seiner Mittelsmänner vor seinen Sichtschirm.
Gleichzeitig decken alle Spieler diese auf. Der Spieler, dessen Summe am
höchsten ist, wählt eine sich eine Karte der Sitzreihenfolge. Er kann sich also
entscheiden, ob er Startspieler sein möchte, oder sich einen anderen Platz in
der Zugreihenfolge sichern. Der Wertigkeit der Mittelsmänner folgend, wählen
dann alle anderen auch ihre Karte, dem Letzten bleibt natürlich keine Wahl
mehr.
Diese Mittelsmänner bleiben für die Runde vor dem
Sichtschirm und stehen erstmal nicht mehr zur Verfügung. Außer zum Auflösen von
Gleichständen. Doch dazu später mehr.
Der Startspieler fängt nun an, zwei seiner Mittelsmänner
einzusetzen. Einen verdeckt, also ohne seine Wertigkeit zu offenbaren, den
anderen mit der Zahl nach oben. In irgendeine Gegend eines beliebigen
Stadtteils oder auf ein Feld des Marktes. Alle anderen Spieler machen es ihm
nach. Insgesamt setzen alle viermal pro Durchgang, sodass jeder acht Mittelsmänner
einsetzt. Der Letzte der elf Mittelsmänner kommt zum Schluss der Runde vor den
Sichtschirm und gesellt sich zu den beiden anderen Holzklötzen, die dort noch
stehen. Zusammen ergeben sie dann die Summe, mit der jeder Spieler erhofft
Gleichstände bei der Wertung der einzelnen Stadtteile für sich entscheiden zu
können.
Nun werden alle Mittelsmänner umgedreht und ihre Wertigkeit
schonungslos offenbart. Nun werden die Stadt und danach der Markt ausgewertet.
Die Reihenfolge der Stadtviertel ist dabei egal.
Palastgegend:
Wer in einer Palastgegend eines Viertels die Mehrheit hat
(höchste Summe der Werte seiner Mittelsmänner), erhält die neben dem
Stadtviertel aufgedeckt liegende Personenkarte. Diese Karten geben Siegpunkte
oder sehr starke Sonderaktionen, die ich in den folgenden Runden nutzen kann.
Gleichstände werden, wie schon angedeutet, durch die vor dem Sichtschirm
verbliebenen Mittelsmänner entschieden. Wer hier die höchste Summe hat,
entscheidet den Gleichstand für sich. Reicht das nicht, muss die Zugreihenfolgekarte
herhalten. Hier gewinnt derjenige den Gleichstand, der die niedrigste Zahl vor
sich liegen hat.
Geschäftsgegend:
Hier erhält derjenige mit dem höchsten Wert drei Siegpunkte.
Hafengegend:
Der Gewinner in dieser Gegend erhält einen schwarzen
Edelstein. Eine besondere Sorte, die man nur in der Hafengegend bekommt und die
am Ende extra gewertet wird.
Ganzes Viertel:
Wer die Mehrheit im gesamten Viertel, also den drei Gegenden
zusammengenommen, hat, der darf sich von den vier Edelsteinen, die auf dem
Schiff im Hafen liegen, zwei aussuchen. Der Zweite darf noch einen wählen und
der Dritte nimmt, was übrig ist. Ein etwaiger Vierter geht leer aus.
Markt:
In meinen Augen der Clou an diesem Spiel ist die
Marktwertung und die daraus resultierenden Anforderungen an die Spieler! Man
setzt auf ein Feld des Marktes und bietet gleich zweifach: einmal auf den
Extra-Edelstein (Zeile) und einmal auf die Wertigkeit der Edelsteinsorten,
deren Wert unterhalb der Marktspalten abzulesen ist. Wer nun die Mehrheit in
einer Spalte hat, darf sich den dort liegenden Edelstein nehmen. Bei Änderung
der Edelsteinsortenwertigkeit wirken nun aber die Mittelsmänner aller Spieler
ein! Welche Edelsteinsorte den höchsten Wert in ihrer Spalte der Mittelsmänner
aller Spieler erreicht hat wird in seiner Wertigkeit um zwei Felder nach oben
verschoben. Die Edelsteinsorte mit dem zweithöchsten Wert wird noch um ein Feld
nach oben geschoben. Die Edelsteinsorte mit dem dritthöchsten Wert sinkt ein
Feld und die vierthöchste (oder niedrigste) sinkt um zwei Felder!
Auf diese Weise wird im gesamten Spielverlauf Einfluss auf
den Wert der eigenen gesammelten Edelsteine genommen. So ist es möglich, dass
man Edelsteine sammelt, und zwar entsprechend ihres zu erwartenden Wertes oder
man versucht aktiv die Sorte zu pushen, von der man am meisten Steine hat. Eine
Mischung aus beiden ist sicherlich die erfolgversprechendste Variante, aber
auch die anspruchvollste!
Eine kleine, oft vergessene Regel ist, dass jeder
Mittelsmann auf dem Markt einen sofortigen Siegpunkt bedeutet. Das ist
interessant für jeden Spieler und der Motor dafür, dass fleißig auf dem Markt
eingesetzt wird und sich die Werte der Edelsteinsorten ständig ändern.
Nach vier Runden ist das Spiel auch schon um. Jeder zählt
seine Steinchen und nun wird abgerechnet! Es wird geguckt, welche
Edelsteinsorte die wertvollste ist. Derjenige, der in dieser Sorte die meisten
Steine hat, bekommt 24 Siegpunkte. Der Zweitplazierte bekommt noch 18 Punkte,
die folgenden Platzierungen je zwölf und sechs Punkte. Die zweitwertvollste
Edelsteinsorte sorgt bei allen Beteiligten, je nach Platzierung, für 20, 15,
zehn oder fünf Punkte. Dann werden noch die drittwertvollste Edelsteinsorte
(16, 12, 8, 4) und die viertwertvollste Sorte (12, 9, 6, 3) gewertet. Am Ende
folgen die schwarzen Edelsteine aus dem Hafen. Hierfür gibt es eine eigene
Tabelle. Je nachdem, wie viele man sammeln konnte bekommt man Siegpunkte. Für
einen schwarzen Edelstein gibt es einen Punkt, für zwei Edelsteine sind es
schon vier Punkte, für drei 8, für vier 12, für fünf 16, für sechs 20 und ab
sieben sind es 24 Siegpunkte.
Am Ende siegt der Spieler mit den meisten Punkten.
Ys ist ein Spiel mit recht klarer Struktur. Man setzt zwei
Männchen auf den Spielplan und das war dann erstmal der eigene Zug. Dummerweise
wird die Spieltiefe, die durch die Handlungsmöglichkeiten und die sich aus den
eigenen Handlungen ergebenen Auswirkungen entsteht, viele Spielrunden mit
Grüblern extrem ausbremsen. Es gibt verdammt viel zu bedenken und vor allem zu
erahnen, da ja die Hälfte der Figuren auf dem Feld verdeckt ist. Das bedeutet
ein wenig Überraschung, ein wenig wird gepokert, geblufft und gezockt mit den
Einsätzen. Allerdings wird das Spiel dadurch nicht beliebig oder
glücksabhängig. Wenn sich allerdings jemand aufmacht und seinen Zug
durchoptimieren will, und die anderen Spieler dumm genug waren, ihm den letzten
Platz in der Zugreihenfolge zu lassen, kann sich die angegebene Spielzeit
durchaus verdoppeln. Dabei macht es einem das Spiel recht einfach: Man muss nur
zwei Pöppel setzen - das ist alles! Es kann also auch sehr flott gehen. Wenn
man nur will.
Die Art und Weise, wie der Marktmechanismus, das teilweise
verdeckte Einsetzen der Mittelsmänner und das Sammeln von Edelsteinen
miteinander verwoben sind, sucht seinesgleichen. Ich finde das sehr elegant und
es entsteht der Eindruck, ein sehr gut durchdachtes Spiel vor sich zu haben.
Schön eingeflochten finde ich die Auflösung von
Gleichständen. Gibt es in vielen anderen Mehrheitsspielen komplizierte
Gleichstandbedingungen in den Regeln, ist hier jeder selber dafür
verantwortlich. Da die eingesetzten Werte keine riesigen Differenzen haben, und
nicht jede Gegend mit Mittelsmännern übervölkert ist, sollte man sich gut
überlegen, wie man denn bei Gleichständen gerne dastehen will. Dazu kommt die
Überlegung, wo man in der Zugreihenfolge sitzen will. Weiter hinten garantiert
bestmögliche Reaktionsmöglichkeit auf die Aktionen der Mitspieler. Bei
Gleichständen kommt es aber durchaus mal vor, dass die Zugreihenfolge über den
Gewinn des Gleichstandes entscheidet. Da sitzt man besser weiter vorne in der
Reihe!
Wer es noch etwas doller mag, spielt die Variante “Gunst des
Königs”. Hier kann nach der Abrechnung einer Runde ein Mittelsmann losgeschickt
werden und um die Gunst des Königs zu buhlen. Einer der drei vor dem
Sichtschirm platzierten Mittelsmänner zieht los und bleibt für den Rest des
Spiels im Thronsaal. Ersatz bekommen wir aus dem Vorrat. Am Anfang des Spiels
wurden drei “Zweier”-Mittelmänner je Farbe zur Seite gelegt. Einer wandert für
den Königsgünstling hinter den eigenen Sichtschirm. Am Ende entscheidet hier
die Summe der eigenen Günstlinge noch mal über zwölf, sieben, drei oder gar
keine Punkte.
Weiterhin wird noch eine YsExpress-Variante angeboten.
Hierfür werden zwei Mittelsmänner aussortiert und man spielt bloß mit neun
Pöppeln. Eingesetzt werden dann nur sechs pro Durchgang und so ergeben sich
schnellere Runden.
Zu dritt soll man sich entscheiden, ob man das Spielfeld
verkleinert oder nicht. Ein Viertel kann man weglassen um das Spiel schwieriger
zu gestalten. Weiterhin fällt eine Marktzeile weg.
Zu zweit wird die Spielfeldverkleinerung obligatorisch.
Außerdem spielt eine weitere Farbe mit. Jeder Spieler bekommt vier
Mittelsmänner der neutralen Farbe und setzt je einen davon bei seinem Zug
verdeckt ein. Auch dieser Spieler nimmt an der Wertung teil und klaut so viele
Steine. Was von vielen sicherlich als Haken angesehen wird, funktioniert hier
eigentlich sehr gut. Ähnlich gut, wie bei Mykerinos, wo man die neutrale
Spielfarbe sehr gut benutzen kann um zu blocken. Bei Ys wird die neutrale Farbe
zur Bedrohung der eigenen Mehrheit in der entsprechenden Gegend und im ganzen
Stadtviertel. Klar muss man die Waage halten zwischen Schaden, den man dem Gegenspieler
zufügen will und den Mittelsmännern, die man sich eventuell selber in den Weg
wirft!
Ein paar Worte noch zur Regel und dem Material. Die Regel
ist eigentlich sehr gut geschrieben, klar strukturiert und logisch aufgebaut.
Spieler, die sich mit Spielen der Gewichtsklasse von Ys auskennen, dürften kein
Problem haben, sich die kleinen Lücken zu erschließen. Leute, die nicht daran
gewöhnt sind, werden in manchen Situationen ist schwimmen kommen. So wird in
der Regel z.B. erwähnt, dass in der Abrechnungsphase die gewonnenen Edelsteine
erstmal vor dem Sichtschirm gelagert werden. Es wird aber nicht weiter erwähnt,
ob diese irgendwann hinter den Sichtschirm verfrachtet werden dürfen. Diese
Option macht das Spiel spannend und man muss gut aufpassen, was der Gegner so
sammelt. Andersherum wird es sehr taktisch, wenn man jederzeit den Vorrat der
anderen Spieler einsehen kann. Erfahrene Spieler machen daraus eine Variante
oder leiten die Lösung aus der Formulierung “zunächst vor den Sichtschirmen der
Spieler abgelegt” ab und verfrachten die Steine nach der Wertung hinter den
Sichtschirm.
Das Material ist sehr schön. Die Sichtschirme könnten etwas
stabiler sein, aber in welchem Spiel mit Sichtschirmen hat man darüber nichts
zu meckern? Seit der zweiten Auflage gibt es anstatt schönen Glassteinchen
Holzklötzchen als Edelsteine. Früher konnten diese über die Website von Ystari
nachbestellt werden. Das geht mittlerweile nicht mehr. Ebenso konnte man dort
die Erweiterung Y+ bestellen. Spielbar mit bis zu sechs Spielern wurde es dann
(entsprechende Felder auf dem Markt sind schon in der Basisversion auf dem
Spielplan vorgesehen) und weitere Personenkarten standen damit zur Verfügung.
Auch die ist leider nicht mehr erhältlich. Da hab ich auch zu lange gezögert.
Allerdings kosteten beide Sortimente je 10€ (im Ystari-Shop plus Versand oder
auf der Spiel) und waren nicht ganz billig. Lange Zeit gab es die Glassteine
bei spielmaterial.de und man konnte seine Zweitauflage aufwerten. Aber auch da
finde ich die mittlerweile nicht mehr.
So bleibt zu sagen, dass ich sehr glücklich bin, dass es
eine zweite Auflage gab und ich mir das Spiel somit zulegen konnte, da ich es
bei der ersten Auflage verpasst hab. Allerdings ist es eine leicht abgespeckte
Version. Das bleibt aber hinter dem tollen Spiel zurück, dass meiner Meinung
nach neben Raja und Louis XIV. an der Spitze der Mehrheitsspiele steht.
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