Freitag, 28. Oktober 2011

PEEP - DARJEELING



Autor: Günther Burkhard
Verlag: Abacus Spiele
Für 2 - 5 Spieler ab 12 Jahren die ca. eine Stunde spielen wollen…

Nachdem wir DARJEELING auf der Messe schon gespielt hatten, war es so etwas wie ein Geheimtipp für uns. Im Nachhinein weiß ich gar nicht, warum wir es nicht direkt mitgenommen haben. Bei der Masse an guten Spielen, war wohl erstmal der Geldbeutel zu schmal für alle Neuheiten. Anfang der Woche überraschte mich meine Frau dann mit einem Paket und der Absenderaufkleber ließ mein Herz höher schlagen: SPIELE!

Darin fand ich eine Ausgabe von DARJEELING! Na, dann mal her mit der kleinen Regel!

Zuerst fand ich heraus, dass wir es auf der Messe vom Abacus-Erklärbär falsch erklärt bekommen haben. Aber egal, die hatten sicherlich genug Stress.

Aber worum geht es? Der Titel verrät ja den meisten von uns, dass es um Tee geht. Darjeeling ist nämliche eine Teesorte. Angebaut wird sie in Indien, genauer gesagt in der Region um die Stadt Darjiling im Nordosten des Landes.

Wir Spieler übernehmen im Spielverlauf die Aufgabe die Tees einzusammeln und zu verschiffen. Dazu wird erstmal ein Spielfeld aufgebaut. Dies besteht aus Plättchen, die ein bis drei halbe Teekisten in vier verschiedenen Farben zeigen: Grün, Schwarz, Weiß und Rot – passend zu vier verschiedenen Teevarianten. Die Auslage wird erstmal nach bestimmten Vorgaben gestaltet. Dabei entstehen ungefähre Umrisse von drei großen Teeanbauländern – je nachdem, welche Auslage man wählt Indien, China oder Sri Lanka. Drei quadratische Holzplättchen stellen Städte in der Auslage dar.

Dann wird der sehr große Plan daneben gelegt. Er zeigt eine große Wertungsleiste bis 100 Punkte. Weiterhin ein Teelager, quasi eine Plättchenablage. Dann noch den Kai an dem Schiffe liegen auf die wir im Spielverlauf unsere Warenkisten legen. Und zu guter Letzt noch das kleine Spielhighlight, die Nachfragerampe.



Zu Beginn gibt es eine kleine Startaufstellung: Jeder darf schon eine Teekiste auf ein Schiff verladen (nach genau bestimmten Regeln) und seinen Teesammler am Rande des Sammelgebiets aufstellen und gleich ein Plättchen einsacken. Los geht’s…

Ein Spielzug umfasst folgende Aktionen:

• Siegpunkte markieren! Ungewöhnlich geht es los! In anderen Spielen markiert man seine Siegpunkte am Schluss seines Spielzuges, hier ganz am Anfang! Daher vergisst man das leicht. Unser Blick wandert zum Kai. Dort liegen je nach Spielerzahl verschieden viele Schiffe, die auf unsere Teekisten warten. Neben jedem Schiff ist ein Multiplikator angegeben. Je weiter unten die Schiffe am Kai liegen, desto geringer ist der Multiplikator. Der Spieler markiert nun seine Siegpunkte entsprechend der Anzahl seiner Teekisten multipliziert mit der Zahl neben dem Schiff, evtl. auch mehrerer Schiffe. Zu Spielbeginn hat der Startspieler eine Teekiste auf dem Schiff, welches am weitesten unten liegt, neben dem Multiplikator 1. Also gibt es ein mal einen Siegpunkt. Die folgenden Spieler haben in Sitzreihenfolge eine Teekiste auf dem jeweils höher gelegenen Schiff und bekommen evtl. mehr Siegpunkte zu Spielbeginn. Das ist der Ausgleich dafür, dass der Startspieler zuerst ziehen und evtl. auch verladen kann.
• Den Teesammler ziehen und Plättchen aufnehmen. Der Teesammler steht immer auf einem leeren Feld (da er ja in der vorangegangenen Runde oder bei Spielbeginn schon ein Plättchen eingesammelt hat). Von dort aus hat er nun verschiedene Möglichkeiten. Der Teesammler zieht immer geradeaus. Allerdings kann er vor dem Zug gedreht werden. Eine 90 Grad-Drehung ist kostenlos, eine Drehung um 180 Grad kostet zwei Minuspunkte (man kann zu Beginn Minuspunkte machen, die auch markiert werden und wieder aufgeholt werden müssen). Der nun folgende Zug in der Reihe der Auslage kostet pro übersprungenem Plättchen einen Minuspunkt. Pro übersprungenem Mitspieler oder übersprungener Stadt zwei Minuspunkte. Kurze Wege lohnen sich also. Dann nimmt man das Plättchen auf dem man landet hinter seinen Sichtschirm und füllt die Auslage an der Stelle wo man gestartet ist wieder mit einem nachgezogenen Plättchen auf. So gibt es immer Nachschub. Nimmt man sich ein Plättchen, welches drei halbe Teekisten zeigt, bekommt man ein Sonderplättchen.
• Nun kann man seine gesammelten Teekisten verladen. Die Plättchen zeigen, wie gesagt, immer ein bis drei halbe Teekisten. Nun kombiniere ich die Plättchen der gleichen Farbe so, wie es mir beliebt und so, dass ganze Kisten entstehen. Entscheide ich mich zum Verschiffen, gibt es ein paar Dinge zu beachten. Befinde ich mich im direkten Umkreis einer Stadt, so darf ich meine ganze Auslage verschiffen. Stehe ich weiter als ein Plättchen von einer Stadt entfernt, verliere ich auf dem (gedachten) Weg eine Teekiste. Die Anzahl der verschifften Teekisten lege ich in meiner Spielerfarbe auf ein Schiff. Dazu wird das unterste Schiff geleert (der entsprechende Spieler bekommt seine Würfel zurück) und stelle das Schiff in die oberste Reihe neben den höchsten Multiplikator. Siegpunkte gibt es dafür jetzt nicht! Die gibt es erst in meinem nächsten Spielzug. Die verladenen Plättchen kommen ins Teelager und sind erstmal aus dem Nachziehbeutel raus. So regelt sich zu einem geringen Faktor auch der Nachschub der entsprechenden Sorte. Wird die nächste Fuhre verladen, kommen die alten Plättchen wieder in den Beutel. Weiterhin gibt es Boni einzustreichen. Verlade ich vier oder mehr Kisten bekomme ich pro Kiste einen Siegpunkt. Den zweiten Bonus gibt es für die Nachfrage. Auf der Nachfragerampe befinden sich zu jeder Spielsorte zwei dicke Scheiben. So, dass sie rollen können. Ich nehme den untersten Stein der Farbe die ich verladen habe und lege ihn ganz nach oben. Nun zähle ich, wie viele andersfarbige Steine zwischen den beiden Steinen meiner verladenen Teesorte liegen und markiere mir die Anzahl als Siegpunkte. Bei den Boni kann ich die oben erwähnten Sonderplättchen einsetzten. Ein Plättchen hat immer zwei Funktionen, wobei ich mir eine aussuchen muss, will ich es einsetzten. Einmal kann ich die Anzahl der zu verladenen Kisten trotz größerer Entfernung zu einer Stadt beibehalten. Nutze ich die andere Seite, verdoppelt sich mein Nachfragebonus. Nun ist der nächste Spieler dran und markiert als erstes seine Siegpunkte vom Kai…

Ihr könnt vielleicht erahnen: Hier sind einige Mechanismen am Werk, die man „lesen“ muss. Wann verlade ich eine bestimmte Teesorte? Dann, wenn der Nachfragebonus gut ist oder lieber schnell eine einzelne Kiste verladen, damit mein Mitspieler nicht rundenlang eine hohe Anzahl Siegpunkte am Kai einstreichen kann. So wäre der Sieg nämlich alsbald vergeben und man ist quasi gezwungen zu handeln. Verlade ich schnell noch Roten Tee bevor es jemand anderes tut, da ich im Spielverlauf gemerkt hab, dass ich nicht der Einzige bin, der diese Sorte gerade sammelt, da mir sonst der schöne Nachfragebonus durch die Lappen geht. Denn zweimal kurz hintereinander die gleiche Teesorte zu verschiffen reduziert den Bonus auf Null!

Die Mechanismen in diesem Spiel sind toll und sehr fein aufeinander abgestimmt. Dabei dauert ein Spielzug wirklich nicht lange! Siegpunkte nehmen ist schnell gemacht. Ein Zug mit dem Teesammler und wenn man nicht verladen will war es das auch schon. In Spielerkreisen sagt man dann wohl: Niedrige „downtime“. Und das ist ein Grund, warum mich dieses Spiel so begeistert: Es geht fix, man muss etwas nachdenken und hat genügend Spieltiefe! Vielleicht ist das ständige Hantieren mit dem Nachziehbeutel etwas enervierend und erinnert ein wenig an das Beutelgeschiebe bei „Einfach genial“. Wobei man hier nicht mal auf stapelbauende Maßnahmen zurückgreifen kann, da die Plättchen beidseitig bedruckt sind. Aber das hindert mich nicht, dieses vorzügliche Spiel zu spielen. Es funktionierte in Essen zu viert wunderbar und so war es bei unserer Zweierpartie ebenfalls. In Essen hat das Spiel aber gedauert. Das muss ich ehrlich sagen. Der Erklärbär und die ältere Dame, die sich an unserem Spiel beteiligt haben gehörten eher in die Kategorie „Grübler“. Besonders, wenn man weiß, wie schnell und flüssig sich DARJEELING spielt, kann das total nerven. Aber gut… Auf der Messe waren wir eh unter Strom, wollten noch mehr Spiele spielen und so war es vielleicht eher unsere Ungeduld, die uns eine weitere Partie ablehnen ließ.

Spieltechnisch muss ich noch anmerken, dass ich bei der ersten Runde auf der Messe noch nicht ganz genau wusste, warum ich so weit abgeschlagen verloren hatte, wo ich doch zu Anfang weit geführt hab. Ich fühlte mich etwas „gespielt“, was ich aber nach der zweiten Partie schon wieder relativieren muss. Man braucht vielleicht ein paar Spiele um sich zurecht zu finden. Wahrscheinlich ist es genau das, diese verschachtelten Mechanismen eines Spiels mit sehr einfachen Regeln (die übrigens symbolisch hervorragen dargestellt auf der Rückseite der Sichtschirme zu finden sind), die den Verlag veranlassten, ein Mindestalter ab zwölf Jahren zu empfehlen. Ich kann es nicht beurteilen, denn ich hab es noch nicht mit Kindern gespielt. Vermute aber, dass sie da nicht Unrecht haben. Aber diese Einfachheit gepaart mit genial verschachtelten Mechanismen lässt mich schon wieder daran denken, vielleicht einen heißen Kandidaten für einen berühmten Preis im nächsten Jahr vor mir zu haben, wäre da nicht dieses hohe Alter als Empfehlung…

Zum Thema muss ich noch sagen, dass es sehr schön umgesetzt ist. Ich liebe Tee und man kann mich zweifellos in die Kategorie „Teefreak“ einordnen. Für mich ist es wichtig auf welche Art Tee aufgebrüht wird und wie er genossen wird. Da können manche Beutelteetrinker sicher nur verwundert den Kopf schütteln. Nicht zuletzt deshalb spricht mich das Spiel in dem hohen Maße an. Trotzdem finde ich, dass das Spiel relativ abstrakt ist. Man kann sich vorstellen, wie die Mechanismen auch auf andere Themen (Kaffee, Wein, Äpfel, alles was eingesammelt und verladen wird…) umgemünzt werden könnten. Aber das ist sicher bei vielen Spielen so. Deshalb freut es mich besonders hier ein „Teespiel“ zu haben, das so stimmig umgesetzt ist, denn das Thema passt ausgesprochen gut zu den Mechanismen. Besonders die Anordnung der Ablage macht es auch stimmig, wenn man ungefähr weiß, wie die Umrisse der Teeanbauländer aussehen. Freaks können auch später dazu übergehen sich eigene Auslagen auszudenken oder sie auf spezielle Teeanbaugebiete zu münzen. Hervorheben möchte ich auch noch den faszinierenden Nachfrageanzeiger. Diese kleine Papprampe ist ein kleines Highlight dieses Spiels.

Zum Spielmaterial: Hier wurde nicht im Geringsten gespart. Der dicke Karton und die schönen Holzwürfel, dazu ein schön gestalteter Teesammler und ein überdimensionierter Siegpunkte- und Kai-Plan sehen sehr schön aus. Die Schiffe sind recht groß und aus Holz. Daneben gibt es Füllmaterial um den Kai bei geringeren Spielerzahlen anzupassen. Einzig die Nachfragerampe ist etwas wackelig und ich überlege, ob ich sie nicht einfach zusammenklebe, denn genug Platz sie zusammengeklebt unterzubringen ist reichlich in der riesigen Schachtel. Ich vermute, den Plan hätte man gut noch einmal knicken können und eine kleinere Schachtel verwenden um so den Preis zu senken. Denn die Empfehlung des Verlags sind fast 40€! Jedoch gibt es DARJEELING schon bedeutend günstiger im Internethandel zu erstehen und da finde ich den Preis angemessen.

Die Regel ist sehr schön geschrieben und hinterlässt keine Fragen. Dazu gibt es ein paar Tipps zur Taktik und weiterführende Informationen zur Teegeschichte. Sehr schön, sehr stimmig! Dazu liegt die Regel in vier Sprachen (Englisch, Französisch, Italienisch und Deutsch) vor.

Von mir gibt es hier einen ganz heißen Tipp für DARJEELING!!! Übrigens schrieb ich diesen PEEP bei einer genüsslichen Kanne aromatisierten, schwarzen Tee. Verfeinert mit Schokolade und abgeschmeckt mit Whiskey. Leicht gesüßt mit braunem Kandis. Sehr zu empfehlen!!!

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